PMD (Polarization Mode Dispersion)
Die PMD ist stark von zahlreichen physikalischen Parametern entlang der verlegten Faser abhängig, ebenso wie von mechanischem Stress beim Einblasen oder Einziehen von Kabeln in ein Leerrohrsystem. Im Unterschied zur CD kann PMD nicht einfach durch eine "gegenläufige" Kompensation korrigiert werden. Der numerische Wert der PMD ist statistisch geprägt und daher bei aufeinanderfolgenden Messungen selten identisch. Selbst minimale Temperaturänderungen, mechanische Vibrationen und geringfügige Frequenzverschiebungen können Veränderungen im PMD-Wert und somit im Differential Group Delay (DGD) verursachen.
Die Variation der PMD ist auch statistisch von der Wellenlänge abhängig, was insbesondere bei hochbitratigen Signalen zu weiteren Herausforderungen führt. Die beiden senkrecht zueinander ausgerichteten Polarisationsrichtungen eines Lichtwellenleitersignals, wie im Folgebild dargestellt, sind bei G.652x- und G.657x-Fasern stark miteinander gekoppelt und ändern grundsätzlich ihre gemeinsame Ausrichtung entlang der Faserstrecke (nicht polarisationserhaltende Fasern!). Wenn die Faser nun Biegungen oder mechanischen Schwingungen ausgesetzt ist, resultieren daraus unterschiedliche Ausbreitungsgeschwindigkeiten und somit eine Verbreiterung der Pulse. Ab einem bestimmten Punkt (üblicherweise im Bereich von 5-10 ps bei 10Gbit Ethernet über 10 km) wird die Signalübertragung erheblich beeinträchtigt. Ein Polarisationswert von bis zu 1/10 der Bitrate wird toleriert. Bei 10Gbit entspricht dies 100 ps, daher wird der Wert "10 ps" für RZ-Signale verwendet.
Die PMD-Empfindlichkeit von Ethernet-Signalen ist aus zwei Gründen stärker als bei SDH:
- Die Forward Error Correction (FEC) Korrekturmechanismen bei Ethernet sind schwächer im Vergleich zu SDH.
- SDH weist eine höhere Standfestigkeit auf, mit zulässigen Bitfehlerraten bis zu 10^-5, im Gegensatz zu Ethernet, das nur bis zu 10^-7 zugelassen ist.
Es ist wichtig anzumerken, dass moderne kohärente Ethernet-Systeme bei Geschwindigkeiten von 100G und höher intensives Digital Signal Processing einsetzen und auf der elektrischen Signalverarbeitungsseite in der Lage sind, PMD in großem Umfang auszugleichen. Trotzdem sollte man sich nicht in falscher Sicherheit wiegen. Es existiert auch hier eine Grenze, jenseits derer die Signalverarbeitung nicht mehr kompensieren kann und der Link abrupt zusammenbricht. Daher ist es immer ratsam, bei High-Bitrate-Übertragungen die PMD seiner Strecke zu kennen.
Es ist von entscheidender Bedeutung, umfassende, reproduzierbare und fehlerfreie Abnahmemessungen von High-Bitrate-DWDM/ROADM-Glasfasernetzen durchzuführen, denn niemand sollte sein System im Blindflug betreiben. Bei Systemen ab n x 10G reicht das Wissen über Dämpfung und Return Loss allein bei großen Streckenlängen nicht aus. Eine Kenntnis der PMD-Verzerrungen des Links ist wichtig, um abzuschätzen, wie gross noch die verbleibende Marge der automatischen Kompensation ist.
PMD Grenzwerte :
Die PMD-Grenzwere entsprechend der Bitrate- und Modulationsformaten und sind wie folgt definiert:
PMD-Messaufbau und Verfahren:
Der Messaufbau mit dem ONA-800 (Optical Network Analyzer) von VIAVI in Kombination mit der OBS-500 (Optical Broadband Source) ist eine bewährte Methode zur genauen PMD-Messung.
Verbindung der Geräte:
Die OBS-500 wird an den Eingangsport des ONA-800 angeschlossen. Das breitbandige Lichtsignal, das von der OBS-500 erzeugt wird, wird durch die zu testende optische Faser geleitet.
Lichtübertragung durch die Faser:
Das breitbandige Signal durchläuft die optische Faser, die getestet wird. Während der Übertragung durch die Faser werden verschiedene Polarisationsmoden unterschiedlich verzögert, was zur Polarisationsmodendispersion führt.
Analyse durch den ONA-800:
Am Ausgang der Faser wird das Lichtsignal in den ONA-800 eingespeist. Der ONA-800 analysiert das Signal und misst die Verzögerung zwischen den verschiedenen Polarisationsmoden. Er nutzt spezielle Algorithmen, um die PMD-Werte zu berechnen und darzustellen.
Dateninterpretation:
Der ONA-800 stellt die Messergebnisse auf seiner Benutzeroberfläche dar, wo Techniker die PMD-Werte einsehen und bewerten können. Diese Daten sind entscheidend für die Beurteilung der Fasereigenschaften und deren Eignung für Hochgeschwindigkeitsübertragungen.